Nützlicher Helfer der Ampel-Regierung: Von Bauern-Präsident Rukwied dürfen die Landwirte nicht viel erwarten
Präsident Joachim Rukwied obliegt aus Sicht der Ampel-Koalition eine wichtige Funktion: Er lenkt den Protest der Bauern in geordnete Bahnen. Die Wut wird neutralisiert. Auf Änderungen durch die Politik dürfen die Landwirte nicht mehr hoffen. Ein Kommentar.
Aus ganz Deutschland starteten Bauern am Montag voller Optimismus zur Demonstration nach Berlin. Zwar war das Wetter kalt und windig, die Stimmung unter den Landwirten aber hoffnungsvoll und voller Tatendrang. Heute sollte die Politik Ihre Wut zu spüren bekommen. Doch zwei Tage später fragt man sich: Was bleibt von den Protesten, die sich eine Woche lang hingezogen hatten und die in der Bevölkerung für große Sympathiebekundungen sorgten?
Vor allem in einer Sache dürfen sich die Bauern nicht täuschen: Ihr Protest wird vorerst folgenlos bleiben.
Schon auf der Demonstration hatte der heftig ausgepfiffene Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Diskussionen um eine Rückabwicklung der Streichung der Agrardiesel-Subventionen eine klare Absage erteilt. „Ich kann Ihnen heute nicht mehr staatliche Hilfe versprechen aus dem Bundeshaushalt.“ Stattdessen sicherte der FDP-Politiker den Bauern einen größeren Bürokratieabbau zu, obwohl die Ampel diesen ohnehin in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat – passiert ist seitdem nicht viel.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) wurde bei seiner Rede in Berlin gnadenlos ausgebuht.
Am Haushaltsbeschluss wird sich für die Bauern nichts ändern
Am Mittwoch bestätigte auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, dass sich bei der schrittweisen Abschaffung der Steuerhilfen beim Agrardiesel „mit Blick auf den Haushalt nichts mehr ändern“ wird. Wenn also der Haushaltsausschuss in ihrer Bereinigungssitzung am Donnerstag über die Ampel-Pläne für 2024 verhandeln wird, dürften die Bauern mit ihren Forderungen leer ausgehen. Doch die aus Bauernsicht unbefriedigenden Ergebnisse wurzeln sicherlich nicht in der mangelnden Entschlossenheit der Landwirte, sondern eher am schwachen Handeln der Bauern-Funktionärs-Riege. Das lässt sich vor allem an einer Person zeigen.
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, lässt sich derzeit willentlich von den Ampel-Koalitionären einspannen, um Luft aus den Protesten zu nehmen, während er die Verhandlungsmacht der Bauern durch seine öffentlichen Äußerungen sogar schwächt.
Schon die Tage vor dem Protest verbrachte er damit, gegen „Radikale“ in der Bauernbewegung zu wettern. Er warnte – genau wie die Ampel-Politiker – vor einer rechten Vereinnahmung der Proteste. Als in Schlüttsiel zahlreiche Medien eine versuchte Stürmung der Fähre von Minister Robert Habeck (Grüne) herbei fantasierten, fiel er den anwesenden Landwirten in den Rücken und verkündete: „Aktionen wie in Schlüttsiel schaden unseren politischen Anliegen.“ Mehrmals forderte er die Bauern auf, friedlich und geordnet zu demonstrieren, als hätten sie es bis dato nicht ohnehin getan. Unter den Landwirten rumort es, viele sind unzufrieden mit solchen öffentlichen Verlautbarungen.
Nähe zu den Grünen
Wer ist also der Mann, der seit 2012 Präsident des Bauernverbandes ist? Bis 2009 war der studierte Agrarwirt und Bewirtschafter von mehr als 350 Hektar Land kommunalpolitisch für die CDU aktiv. Doch auch mit den Grünen hat er offenbar seinen Frieden geschlossen. Im Januar 2021 betonte Rukwied, dass eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen seinen Verband „in keinster Weise“ abschrecke. Er verwies auf die gute Arbeit der Grünen in Baden-Württemberg. Der Bauernverband war Ende November auch Sponsor des Parteitags der Grünen – zwar nur mit 4.550 Euro, aber immerhin.
Auch der Deutsche Bauernverband sponserte den Parteitag der Grünen.
Die Nähe zu den Grünen ist auch bei seinen zahlreichen Verwaltungsposten spürbar. So ist Rukwied Präsident der Rentenbank, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die fest an eine „nachhaltige Transformation in der grünen Branche“ glaubt. Rukwieds Vizepräsident bei der Rentenbank ist Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).
Bei der KfW-Bank sitzt er unter anderem gemeinsam mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Verwaltungsrat. Der 62-jährige Präsident des Bauernverbandes ist Teil des gegenwärtigen Staats- und Unternehmensestablishments.
Gemeinsam bei der Rentenbank aktiv: Rukwied und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Um den Agrardiesel ging es längst nicht mehr
Rukwied beteuerte während seiner Rede in Berlin, dass es beim Protest ausschließlich um die Dieselsteuererhöhung gehe. Das wusste später sogar Finanzminister Lindner besser: „Sie können mir doch nicht erzählen, dass Sie wegen des Agrardiesels hier sind“, rief der FDP-Politiker den Bauern entgegen. Nein, waren sie nicht. Obwohl sich längst Spediteure, Handwerker oder LKW-Fahrer, für die der Agrardiesel keine gesonderte Rolle spielt, den Protesten angeschlossen hatten, tat Rukwied jedoch so, als ginge es genau darum. Und das, obwohl abzusehen war, dass die Regierung hier keine Änderungen herbeiführt. Wenn sich die Landwirte auf Themen wie die Erhöhung der Dieselsteuer beschränken, machen sie sich selbst irrelevant.
Die traurige Botschaft ist deshalb: Die Ampel-Regierung hat einen aufbrausenden Sturm überstanden, der durchaus das Potential hatte, das Kartenhaus der Ampel-Koalition zum Einsturz zu bringen und Neuwahlen herbeizuführen. Ein im Anschluss an die Demonstration stattgefundenes Treffen zwischen den Fraktionsspitzen der Regierungsparteien und Funktionären der Bauernverbände in Berlin blieb ergebnislos. Präsident Rukwied beklagte, es seien Themen besprochen worden, die seit 30 Jahren ergebnislos diskutiert worden seien.
Wenn sich die Bauern von ihren Funktionären weiter so hinhalten lassen, werden sie auch in den nächsten Jahren mit leeren Versprechungen nach Hause gehen.
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