CDU-Abgrenzung von der AfD: Warum „Brandmauer“ ein schwerer Fehler war
Die wichtigste politische Regel, die in der CDU offenbar niemand begreifen will, ist diese: Man kann politische Debatten niemals gewinnen, wenn man sich die Wortwahl vom politischen Gegner diktieren lässt. Mit linken Kampfbegriffen kann man keine bürgerliche Politik machen. In der Propaganda-Sprache der Linken und Grünen kann die CDU nur verlieren.
Die politische Sprache in Deutschland wird erbarmungslos vorgegeben von linken Politikern und linken Medien. Wer es wagt, davon abzuweichen, wird mit Parolen wie „Diskursverschiebung nach rechts“ oder „Erweiterung des Sagbaren“ gesellschaftlich zum Abschuss freigegeben.
Statt eine eigene Welt der Worte zu schaffen, die klar bürgerliche und marktwirtschaftliche Visionen ausdrückt, unterwirft sich die CDU einer Feindsprache, die nur noch aus Fakten-schaffenden Ideologie-Begriffen besteht und alles Nicht-Linke zum Feindbild erklärt hat.
Ex-Kanzlerin Angela Merkel wirft CDU-Chef Merz einen vielsagenden Blick vor.
Zwei einfache Beispiele:
▶︎ Man kann nicht „Queer-Feindlichkeit“ sagen, ohne automatisch das linke Narrativ zu übernehmen, dass es in Deutschland eine massive „rechte Gewaltwelle“ gegen „queere“ Menschen geben würde. Diese Gewaltwelle existiert nicht. Sie ist in keiner Statistik belegbar. Wenn es Gewalt gegen Homosexuelle gibt, geht sie in den allermeisten Fällen von Menschen mit Migrationshintergrund und islamistischem Weltbild aus. Genau das aber verschleiert der Begriff „Queerfeindlichkeit“.
▶︎ Man kann auch nicht „Wärmewende“ sagen, ohne so zu tun, als wäre sich das ganze Land einig, dass wir eine „Wärmewende“ nach grüner Ideologie brauchen. Wer das Wort sagt, hat schon zugestimmt. Wer das Wort sagt, kauft die ganze Ideologie des Wortes gleich mit. Wer „Wärmewende“ sagt, kann nicht mehr sagen, dass es sich dabei um öko-sozialistischen Größenwahn handelt. Dafür klingt das Wort „Wärmewende“ viel zu nett und notwendig.
Wenn Rechte wie Linke sprechen, gewinnen am Ende immer die Linken.
Der größte Fehler der CDU war es, sich von Linken, vor allem von der Grünen Partei, das Wort „Brandmauer“ aufzwingen zu lassen. Die „Brandmauer“ zur AfD hätte es niemals geben dürfen. Die „Brandmauer“ zur AfD war der größte sprachstrategische Fehler der Union seit „Wir schaffen das“. Man hätte „klare Abgrenzung“ oder „Unvereinbarkeit“ oder, für normale Menschen, „mit denen wollen wir nichts zu tun haben“ als Begriff wählen können. Man hätte sich von der AfD abgrenzen müssen, ohne dabei linke Logik zu übernehmen.
Die Spitzen der AfD-Fraktion im Bundestag
Linke haben das Wort „Brandmauer“ nämlich nicht erfunden, um sich aus staatspolitischer Verantwortung darum zu kümmern, dass die „Brandmauer“ steht, sondern damit sie jeden Tag genüsslich behaupten können: „Die Brandmauer bröckelt!“
Wo Brandmauern bröckeln, geraten Menschen in Angst und Mächtige in Panik. Wo Menschen in Angst geraten, geraten Parteien unter Druck. Genau das passiert gerade der CDU und dem Parteivorsitzenden Friedrich Merz.
Das größte Problem an dem Begriff „Brandmauer“ aber ist, dass Millionen Menschen, viele davon (ehemalige) CDU-Wähler, sich davon angesprochen, sich dadurch beschimpft und verunglimpft fühlen. Friedrich Merz hat das sogar erkannt. Im ZDF-Sommerinterview sagte er: „Wenn sich jemand an dem Wort ‚Brandmauer‘ stört, kann ich das sogar verstehen. Hinter dieser Brandmauer stehen nicht die Wähler. Sondern die Funktionäre und Mandatsträger, aber die Wähler der AfD wollen wir zurück gewinnen.“
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sitzt mit Theo Koll, ZDF-Moderator und Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, beim ZDF-Sommerinterview.
Was Merz hier richtig erkannt hat, ist dies: Millionen Menschen glauben inzwischen, die CDU habe ihre vollkommen normalen und vernünftigen Ansichten (weniger Migration, mehr Energie) hinter die Brandmauer gestellt. Millionen Wähler glauben allein durch das fatale Wort „Brandmauer“, man hätte sie und ihre Meinung zu einem Feuer erklärt, das sich nicht weiter ausbreiten darf. Kein normaler Mensch versteht die Trennlinie zwischen AfD-Wählern und AfD-Mandatsträgern. Sie fühlen sich eingesperrt, viele von ihnen waren übrigens schon mal hinter einer tatsächlichen Mauer eingesperrt. Das weckt keine guten Erinnerungen. Menschen lassen sich ungern sagen, dass sie hinter eine Mauer gehören, die niemals bröckeln darf. Genau diese Emotion, dieses Gefühl des Ausgegrenztsein befeuert (!) Die CDU jeden Tag mit dem Wort „Brandmauer“.
Das Wort hat sich genauso verselbständigt wie die steigenden Umfragewerte der AfD, weil es in der CDU niemanden mehr gibt, der strategisch darüber nachdenkt, wie man dem linken Lager die Hoheit über die Sprache wieder entreißen kann. Stattdessen plappern Unions-Politiker nach, was Linke ihnen vorgeben. Der einzig legitime Grund, Mauern zu errichten, ist der Selbstschutz.
Die CDU „schützt“ sich gerade davor, dass Wähler zu ihr zurückkehren. Die Codes der entkoppelten Sprache im politischen Berlin werden in weiten Teilen des Landes nicht verstanden. Die Funktionäre mögen wissen, was sie mit „Brandmauer“ meinen, aber die meisten Menschen, die dieses Wort hören, fühlen sich nur noch als die Unerwünschten. Die „Brandmauer“ gegen die AfD ist fulminant gescheitert. Die Partei hat sich nicht halbiert, wie Friedrich Merz versprochen hat, sondern verdoppelt. Das Wort „Brandmauer“ gehört aus der CDU-Sprache für immer gelöscht.